Warum viele Mütter keine Zeit für Bewegung finden – und was das mit Ungleichheit zu tun hat

Ein neues Verständnis von Gesundheitsungleichheiten

Gesundheit ist nicht nur eine Frage des Wissens oder der Motivation – sondern auch eine der Möglichkeiten. Eine aktuelle Studie (Spotswood & Gurrieri, 2022) beleuchtet, warum gerade Mütter mit geringem sozioökonomischem Status oft nicht an gesundheitsfördernden Bewegungspraktiken teilnehmen.

Was bedeutet das genau?

Die Autorinnen sehen Bewegung – konkret: Freizeitaktivität – als eine soziale Praxis, zu der man nicht automatisch Zugang hat. Auch wenn Angebote oder Infrastruktur vorhanden sind, heißt das nicht, dass alle Menschen tatsächlich daran teilnehmen können. Vor allem Mütter in prekären Lebenslagen haben oft nicht die nötigen Fähigkeiten , um überhaupt Teil dieser Praxis zu werden.

Drei zentrale Voraussetzungen, um Bewegung überhaupt umsetzen zu können:

  1. Zeitliche Ressourcen
    Wer ständig zwischen Care-Arbeit, Haushaltsorganisation und Job pendelt, hat schlicht keine freie Zeit, um Sport zu machen.
  2. Soziale Unterstützung
    Wenn Mütter zB alleinerziehend sind , ein verlässliches Netzwerk haben, fällt z. B. Kinderbetreuung während der Sportzeit weg – und mit ihr die Möglichkeit zur Teilnahme.
  3. Energie
    Dauerhafte Überlastung raubt die Kraft, aktiv zu werden. Viele Mütter sind so erschöpft, dass Bewegung eher als zusätzliche Belastung denn als Erholung empfunden wird.

Was bedeutet das gesellschaftlich?

Diese fehlenden „Fähigkeiten“ führen dazu, dass Bewegung als Praxis abwesend bleibt – nicht, weil sie nicht gewollt wäre, sondern weil die Voraussetzungen fehlen. Und genau das verstärkt bestehende gesundheitliche Ungleichheiten weiter.

Ein neuer Blick auf „Selbstfürsorge“

Statt individuell motivierende Appelle zu machen („Du musst dir nur Zeit nehmen!“), plädieren die Forscherinnen für einen systemischen Blick: Welche strukturellen Bedingungen verhindern, dass bestimmte Gruppen überhaupt Zugang zu gesundheitsförderndem Verhalten haben?

👉 Wer gesund leben will, braucht mehr als nur Wissen und Wollen –sondern auch echte Handlungsmöglichkeiten.
Dafür ist das System häufig nicht ausgerichtet. In Sachen Gesundheit ist es auch häufig so, dass komplementäre Möglichkeiten der Betreuung vom Kassensystem ausgeschlossen wird.
Dabei bietet doch auch diese Ebene so viele Möglichkeiten Menschen gesundheitlich zu unterstützen.

Eines meiner größten Visionen ist es, gute komplementäre Möglichkeiten für alle zugänglich zu machen und nicht nur für gutzahlende Menschen.

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/1467-9566.13585

Veröffentlicht von Öznur Acar

Heilpraktikerin und Apothekerin, die nach Berufserfahrungen in der öffentlichen Apotheke, die Heilkunde als Leidenschaft entdeckt hat und aus ganzem Herzen lebt. Ich sehe meine Tätigkeit als Heilkunst.

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